Meine letzten Tage in Ecuador
und ich könnte dankbarer und erfüllter gar nicht sein. Manchmal fühlt es sich an, als wäre das alles nur ein Traum. Zu schön, um wahr zu sein.
Doch nun heißt es Abschied nehmen. Abschied von so vielem. Es ist nicht nur das Land mit seiner facettenreichen Kultur und Landschaft, dass ich erstmal hinter mir lasse, vor allem sind es die Menschen. Menschen, mit denen ich so viel erlebt habe, von denen ich eine Menge gelernt habe und die ich vor allem so sehr ins Herz geschlossen habe.
Wie soll ich mich von jemandem verabschieden, ohne zu wissen, ob und wann man sich wiedersehen wird?
Es fühlt sich an, als wird man auf einmal aus seinem Leben gerissen. Ein Jahr lang baut man sich so viel auf, kommt an, findet Freunde und schließt enge Bindungen. Dann kommt der Tag, wo man ins Flugzeug steigt und von einem auf dem anderen Tag wieder in einem ganz anderen Leben steht.
Nichts fühlt sich gleich an. Andere Kultur, Sprache, Landschaft und vor allem andere Leute. Wie sehr ich mir wünschen würde, dass die Distanz zwischen Ecuador und Deutschland nicht so groß wäre. Ich finde es sehr schade, dass sich das Leben in Ecuador und hier in Deutschland so unvereinbar anfühlt. Zwei eigene Welten, wo die Verbindung zueinander fehlt.
In mir ist einfach ein Riesengefühlschaos. Wenn ich an meine Zeit in Ecuador denke, weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll. Was ich auf jeden Fall sagen kann: Ich hätte kein schöneres und wertvolleres Jahr haben können.
Besonders jetzt, wo das Jahr fast vorbei ist, denke ich viel über die gesamte Zeit nach. Wie ich mich im Nachhinein sehr planlos, aber fest entschlossen, während der Abizeit auf den Freiwilligendienst bewarb, das Visum beantragte und die Seminare besuchte. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was auf mich zukommen wird und wie viel dieses Jahr verändern wird.
Die ersten Wochen, angekommen in Ecuador stand ich oft noch unbeholfen da. Wusste nicht, welchen Weg ich nehmen soll, welcher der vielen Busse der Richtige ist, wie ich am besten mit den Kindern umgehe, was denn bitte das Popcorn in der Suppe zu suchen hat oder wie wir rechtzeitig den Gaswagen angehalten bekommen. Auch kannte ich kaum jemanden, war oft alleine, konnte mit meinem gebrochenen Spanisch keine wirklichen Konversationen führen und war nach der Arbeit so fertig, dass ich mich einfach nur nach meinem Bett und einer ordentlichen Portion Schlaf sehnte. Die Wochenenden vereiste ich sehr gerne, was sollte man denn in Ibarra machen; Man kannte ja keinen.
Und von Woche zu Woche, von Monat zu Monat nahm alles seinen Lauf. Ich fing an mich immer mehr einzuleben, zu verstehen, wie bestimmte Sachen laufen oder auch nicht ;) und die ersten Freundschaften zu schließen. Mir machte die Arbeit immer mehr Spaß, ich freute mich jeden Tag ins Casa zu gehen, ging Salsa tanzen, und blieb die Wochenenden auch mal gerne in Ibarra, um viel Zeit mit meinen Freunden zu verbringen. Die letzten Wochen war ich oft den ganzen Tag im Casa, malte mit den Kindern an unserem Kleinprojekt, der Wand, ging gemeinsam mit ihnen Eis essen, in den Park oder wir saßen einfach im Garten und sangen gemeinsam alle Lieder von Karol G, der absoluten Lieblingssängerin der Kinder. Nach der Arbeit traf ich mich mit Freunden zum Salsa tanzen, Karaoke singen oder bei Chifa zum gemeinsamen Abendessen (ecuadorianischer Asiate, den es an jeder Ecke gibt).
Ich ging abends ins Bett, zwar mit dem erschrockenen Blick auf die Uhr und dem Gedanken, auch heute werde ich mal wieder nicht viel Schlaf bekommen. Jedoch mit einem Lächeln, da ich einen wunderschönen verrückten Tag hinter mir hatte und voller Vorfreude auf das, was der nächste Tag mit sich bringen wird.
Doch nun heißt es weiterhin nach vorne blicken. Zwar muss ich Ecuador nun vorerst verlassen, aber all die Erinnerungen und Erfahrungen werde ich mitnehmen. Und auch wenn es ein langer Weg ist, werde ich mit Sicherheit zurück nach Ecuador kommen. Das habe ich versprochen.
Nos vemos Ecuador!