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Das Abschiednehmen

Vor über einem Jahr saß ich an meinem Schreibtisch zuhause in Berlin und wollte meine Bewerbung abschicken. 9 Monate in der Fundación Cristo de la Calle, Ibarra, Ecuador. Eine ganz andere Welt, da war ich mir sicher. Nur nicht, ob ich dieser auch gewachsen war. Ich hielt kurz inne; die Fragen und Zweifel schossen durch meinen Kopf, doch nach 2 Stunden schickte ich sie schließlich ab. Und jetzt sitze ich ein letztes Mal im Bus nach Quito; die nun nur allzu bekannte Landschaft zieht an mir vorbei. In der Fensterscheibe spiegelt sich mein unentschlossenes Gesicht; ich scheine noch nicht ganz realisiert zu haben, dass meine Zeit in Ecuador hiermit endgültig vorbei ist. Die letzten Tage, fast schon Wochen bahnte sich dieses unausweichliche Abschiednehmen an. Jeder verschwand nochmal ein paar Stunden zu seinen Lieblingsorten und alle trugen diese gewisse Melancholie mit sich rum, wissend, dass man nichts festhalten kann. Ich glaube auch, wenn das Gefühlschaos von jedem ähnlich aussah, gingen alle anders damit um. So drückte ich jedes Kind noch etwas enger an mich und sagte auch der Verkäuferin in meiner Stammtienda, die mich ganz selbstverständlich „mi veci“ (meine Nachbarin) nannte, auf Wiedersehen, während andere sich so langsam auf die Uni und das Wiedersehen zuhause freuten. Egal wie, wir alle taten uns mit dem Abschied verdammt schwer, besonders dem von unseren Kindern. Dieses Jahr hatte viele Facetten und ich könnte ewig über die Menschen, die Sprache, das Reisen und besonders meine Mitfreiwilligen schwärmen, was aber schlussendlich die Zeit bestimmt hat, war meine Arbeit mit den Kindern. Kinder, die mir anfangs noch fremd gegenüberstanden und wo jede Interaktion ein unglaubliches Gewicht hatte und Kinder, die mir jetzt so nah sind, dass es schwerfällt sich den Alltag, ohne sie vorzustellen. 9 Monate und zwei Zustände in einem Satz zu erwähnen, lässt es einfacher klingen als es war. Denn es erforderte Zeit. Zeit; eine physikalische Größe, die die Abfolge von Ereignissen beschreibt und eine eindeutige, nicht umkehrbare Richtung hat. Ein so wissenschaftlicher Begriff und abstraktes Konstrukt, um etwas zu beschreiben was nervenaufreibend und wunderschön war. Denn so simple es klingt, so schwer ist es, das zu verstehen. Zu verstehen, dass man sich selbst und viel mehr den Beziehungen Zeit geben muss, um vertraut zu sein und sich miteinander wohlzufühlen. Ich war anfangs so unglaublich ungeduldig mit mir selbst und dachte ich müsste schon viel mehr können. Im gleichen Zuge dachte ich meine Beziehung zu den Kindern müsste schon intensiver sein, jedoch war das gar nicht möglich. Wir mussten uns kennenlernen, wie wir es in unser WG taten und in jeder anderen Freundschaft auch. Doch der Moment des Kennenlernens fühlte sich unbeholfen und unendlich an. Auch das ist eine Wirkung von Zeit; sie ist subjektiv und in keinster Weise greifbar. So waren die letzten Wochen, in denen ich am liebsten alles festhalten wollte, besonders die Augenblicke mit den Kindern, rasend schnell und die ersten Tage und Wochen so schleichend langsam, dass mir die 9 Monate ewig vorkamen. Aber so subjektiv es sich anfühlt, so stetig ist es – ein Prozess, der leise und manchmal frustrierend war, aber immer voranschreitend. So wurde nach und nach alles besser und einfacher; poco a poco- kleine Fortschritte, die sich für den Moment vollkommen anfühlten, rückblickend jedoch noch viel mehr auf einen wartete. Und jetzt nach 9 Monaten habe ich zu jedem einzelnen Kind eine individuelle Beziehung; könnte gefühlt jeweils eine Seite über ihre Vorlieben, Abneigungen und ihre Verhaltensweisen schreiben. Wir fühlen uns wohl miteinander, sie sind auf irgendeine Art zu meinen eigenen Geschwistern geworden. Unser Mentor Diego erzählte uns, dass Zeit das Wertvollste ist, was man sich schenken kann. Zeit zuzuhören, miteinander zu lachen, Zeit zu trösten – miteinander aufmerksam Zeit verbringen. Ich glaube das rundet dieses Jahr gut ab; wir haben uns gegenseitig Zeit geschenkt und jetzt trage ich einen Haufen an wunderbaren, intensiven und liebvollen Erinnerungen, wie natürlich ebenso aufreibende und nervtötende, mit mir rum und könnte gar nicht glücklicher sein, mir oder besser gesagt uns die Zeit gegeben zu haben. Aber leider hat meine Zeit hier auch ein Ende und ein Tag muss nun mal auch der letzte sein, so schmerzhaft das auch ist. Aber ich könnte nicht zufriedener sein, dass ich mich vor über einem Jahr an dem Schreibtisch mit dieser Bewerbung genau hierfür entschieden habe. Denn in dieser Zeit hat Ecuador mich einerseits zu dieser Person wachsen lassen und andererseits mir mit dem casa auch ein zweites Zuhause und mit der WG und den Kindern eine zweite Familie geschenkt. Señor Esperanza sagt immer, wir seien zwar nicht Familie des Blutes, aber „familia de corazón“ und dass ich Teil dieses mühe- sowie liebevollen Konstrukts sein durfte, ist unbezahlbar.

 

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