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Nina

Vor genau anderthalb Monaten stellte sich das Leben von uns 8 Ecuador Connection-Freiwilligen erneut komplett auf den Kopf. Schuld war die Tatsache, die uns die vergangenen Tage schon im Kopf herumgeisterte – das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ruft uns aufgrund der Coronakrise zurück nach Deutschland, wir müssen unseren Freiwilligendienst abbrechen. Meine vorherrschenden Emotionen waren Unverständnis, Trauer, Wut und Verwirrung. Unverständnis, da zu dem Zeitpunkt in Ecuador etwa 50 Coronafälle registriert wurden. Warum sollten wir uns auf engsten Raum in ein Flugzeug quetschen, wo Mindestabstand ein Fremdwort ist, und in ein Land reisen, in dem Corona unaufhaltsam grassierte? Ich bin jetzt erleichtert zu wissen, dass ich die Situation falsch eingeschätzt habe. Auch wenn Deutschland ein Vielfaches von Coronafällen aufzuweisen hat, ist unser Gesundheitssystem um einiges besser auf diesen Ausnahmezustand vorbereitet und die Mortalitätsrate hält sich Rekords verdächtig niedrig. Ecuador traf vom einen auf den anderen Tag eine Reihe von Maßnahmen, die Deutschland teilweise noch voraus sind- Ausgangssperre ab einer bestimmten Uhrzeit, Schließung aller Geschäfte außer denen der primären Notwendigkeit, Einstellung des ÖPNV und großen Teilen des Verkehrs,… Als ich noch vor Ort war, fand ich es wirklich lobenswert. Jetzt weiß ich, dass der Staat aufgrund der ausbaufähigen Gesundheitsinfrastruktur gar keine andere Wahl hatte. Trotz der Maßnahmen verbreitete sich der Virus rasend schnell und versetzt Teile des Landes in einen Notfallzustand. Die Berichte in den deutschen Medien, in denen Ecuador als Epizentrum bezeichnet wird und Videos, welche die apokalyptischen Zustände in Guayaquil zeigen, wo die Leichen wegen fehlender Kapazitäten auf den Straßen liegen, brechen mir ein wenig das Herz. Ich hatte die Situation nicht ernstzunehmend genug eingeschätzt. Auf der anderen Seite verfolge ich besonders die Zahlen in der Provinz Imbabura und Ibarra, die sich seit Wochen sehr niedrig halten und denke manchmal, dass unser Abzug nicht notwendig gewesen wäre. Realistisch gesehen wird sich das ganze Land allerdings noch monatelang in Quarantäne befinden, sodass ich es in Deutschland mit meiner Familie bevorzuge, wo der Virus vermutlich früher abklingen wird.

Es gibt Dinge, die ich unglaublich vermisst habe, über die ich mich noch jeden Tag erfreue - meinen kompletten Kleiderschrank, Fahrrad fahren, Hamburg und unsere ruhige Nachbarschaft, mein breites Bett, Zeit mit meiner Familie zu verbringen, bestimmte Lebensmittel oder Gerichte meiner Mutter, Wälder,… Außerdem habe ich jetzt mehr Zeit, mich mit meinem Studium zu beschäftigen und kann so wahrscheinlich schon im Oktober anfangen, International Business zu studieren. Ob es dabei Hamburg, Köln, Berlin, Tübingen oder vielleicht sogar Barcelona wird, weiß ich noch nicht.

Gedanklich bin ich viel in der Calle Los Incas, oder genauer gesagt in der Casa Familia Yuyucocha 1. Ich versuche, mir vorzustellen, wie die Situation dort ist und dabei positiv zu denken. Auch an normalen Tagen sind die Educadoras (je nach Educadora) ohne Freiwillige entweder heillos überfordert oder können sich eben nur auf das Nötigste - die Ordnung des Hauses, Wäsche, Mahlzeiten - konzentrieren, wie soll es bei 12 Kindern unterschiedlichen Alters anders sein? Nun fehlt die Stimulation der Kids in der Schule und Auspowern in Park und Co. Wer würde jetzt mit den größeren Kindern über ihre Probleme reden? Mit den Jungs Quatsch machen? Mit den Mädels kuschelnd Gutenachtgeschichten lesen? Das Baby zu sich nehmen und einfach ein bisschen greifen üben, oder mit ihm reden? Ich weiß, dass ich eine ersetzliche Rolle gespielt habe und die Kids, obwohl sie traurig waren, mich vermutlich schnell wieder vergessen, doch meine Aufgaben sind nicht ersetzlich. Das „I-Tüpfelchen“, wie Heike es so gerne nennt, fehlt. Abgesehen davon muss die ganze Organisation der Casas Familias schwierig sein. Wie werden notwendige Lebensmittel von Claudia bei Verkehrseinschränkung zu den Häusern transportiert? Wie organisieren sich die Educadoras mit größtenteils eigenen Familien und einer normalen Schicht von 8-9 Stunden, wenn ab 14 Uhr Ausgangssperre herrscht? Bei Ausrufen der Fundación auf Facebook bestätigte sich auch mein Verdacht, dass es in dieser Ausnahmesituation mal wieder an den Basics-Windeln, Milchpulver, Lebensmitteln, Reinigungsmitteln, Kosmetik... mangelt und bin froh, dass meine Familie und Freunde durch eine Spende ein wenig helfen konnten. Die Fotos, die Claudia mir geschickt hat und die Kids glücklich und bei verschiedenen Aktivitäten und die Dinge, die sie mit der Spende kaufen konnten, zeigen, beruhigten diese Sorgen ein wenig.

Das Coronavirus brachte die ganze Welt in einen Ausnahmezustand, unter dem jeder in einem gewissen Rahmen leidet. Während ich liebend gerne das Jahr unter normalen Umständen beendet hätte, bin ich dankbar für meine gesunde Familie und Freunde, das stabile deutsche Gesundheitssystem, ein Dach über dem Kopf, wo jeder sich zurückziehen kann , genug Essen und dass meine Eltern keine bedrohten Arbeitsstellen haben und so immer noch arbeiten können. Mir ist bewusst, dass Großteile der globalen Bevölkerung nicht in jedem dieser Punkte so ein Glück haben. Besonders wir als privilegierte Bevölkerungsgruppe, sollten das Problem entsprechend ernstnehmen und unseren Teil dazu beitragen, damit die Schwächeren nicht noch mehr darunter leiden.

7 unvergessliche Monate sind besser als ein mehr oder weniges gelungenes Jahr. Ich denke viel an die Zeit in Ecuador, die Kinder und die Menschen, die wir in unser Herz geschlossen haben und bin einfach dankbar für diese Erfahrung. So wird Ecuador mich so bald wie möglich wiedersehen, um einige Dinge nachzuholen und vor allem den Ort und die Menschen zu besuchen, die für mich zu einem zweiten Zuhause geworden sind. Am dankbarsten bin ich allerdings vermutlich für den Teil Ecuadors, den ich in Form zwei toller Personen hier in Deutschland habe und hoffentlich zu meinem Geburtstag endlich wiedersehe.

 

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